Profil
Die hebräische Sprachwissenschaft gliedert sich diachronisch (vom älteren zum modernen) und diatopisch (regionalspezifisch).
Grundlage für das Studium der hebräischen Sprachwissenschaft wie auch für andere Studienfächer an der HfJS ist das Erlernen des Hebräischen in seinen wichtigen Sprachstufen. Das "Hebraicum" der HfJS wird während des Grundstudiums abgelegt; es umfaßt Prüfungen in der biblischen Sprache, dem Rabbinischen Hebräisch (Sprache der Mischna und der Midraschim) und im Neuhebräischen. Der Hebraicumkurs erstreckt sich über zwei Semester. Für Studierende, die das Hebraicum in ihrem Studiengang nicht benötigen, sowie für eingeschriebene Gaststudenten werden zweistündige Kurse in Neuhebräisch (Anfänger und Fortgeschrittene) angeboten.
Bereits während der Zeit des Erlernens der Sprache können ab dem 3. Semester Einführungen und Proseminare im Fach Sprachwissenschaft absolviert werden. Das Hauptstudium setzt das Hebraicum voraus. In Seminaren werden entweder hebraistische und jüdisch-aramaistische Problemstellungen thematisiert, oder es wird der besondere Charakter einer Sprachperiode des Hebräischen und Jüdisch-Aramäischen mit Hilfe von Texten erarbeitet. Zur hebräischen Sprachwissenschaft zählen auch Kurse/Seminare zur Einführung und Vertiefung der aramäischen und auch der arabischen Sprache, beide in Kooperation mit dem Institut für Semitistik der Universität Heidelberg. Eine Nachbardisziplin der Hebräischen Sprachwissenschaft ist die Jiddistik, die in Heidelberg am Lehrstuhl für Jüdische Literaturen gelehrt wird.
Zur Methode der hebr. Sprachwissenschaft und die Einbettung des Hebräischen in die semitische Sprachfamilie
Thematisch beinhaltet dies die Fragestellungen der allgemeinen Sprachwissenschaft und ihrer Methoden und die Anwendung auf die hebr. Sprachwissenschaft. Das Hebr. innerhalb der semitischen (weiter gefasst der afro-asiatischen und enger gefasst der hamito-semitischen und noch enger gefasst der kanaanäisch-aramäischen) Sprachfamilie, die Struktur der hebräischen Sprache.
Kollegs und Seminare zu dieser Thematik gehören zum Lehrangebot Hebr. Sprachwissenschaft der Hochschule, werden aber auch im Seminar für Sprachen und Kulturen des vorderen Orients angeboten. Insbesondere sei hingewiesen auf "Die Einführung in die semitischen Sprachen" im Institut für Semitistik.
Die Erlernung einer weiteren semitischen Sprache neben dem Hebräischen wäre vorteilhaft, wie Akkadisch (siehe die Angebote des Instituts für Assyriologie), Ugaritisch (siehe die Angebote des Instituts für Alttestamentliche Wissenschaft) oder Phönizisch, vor allem aber Aramäisch (dazu siehe unten zu Schwerpunkt II und III) und Arabisch (dazu siehe unten zu Schwerpunkt IV und V).
Das klassische Hebräisch
Thematisch beinhaltet dies das epigraphische Althebräisch ab dem 10. Jh. (erste schriftliche Fixierung) und vor allem das Bibelhebräisch (mit den drei Stufen althebräisch, "Late Biblical Hebrew (LBH)": mittelhebräisch1 und mittelhebräisch2 (= vor-rabbinisches Hebr.), die Erfassung der Dialekte (u.a. nord- und südhebr.) und die Abgrenzungen und Übereinstimmungen mit dem Aramäischen. Die Probleme der hebr. Aussprachetraditionen der vor- und außermasoretischen (wie samaritanisches, "Qumran"-Hebr.) und der masoretischen Zeit: tiberisch, babylonisch, palästinisch, und der Beginn der masoretischen hebr. Sprachwissenschaft. Probleme der Lexikographie, der Etymologie, der Namenkunde, der Komplexität der bibelhebräischen Wort- und Satzsyntax; die Arbeit mit unpunktierten Handschriften in bibelhebr. Sprache und vor-rabbinischem Hebräisch ab dem 3.Jh. vor bis zum 2.Jh. nach außerhalb des biblischen"Kanons".
Das Studium der hebr. Sprachwissenschaft dieser Periode steht im Dienst der Bibelwissenschaft und der Geschichte. Bibelwissenschaft ohne dies Studium ist nicht möglich. Deshalb ist es obligatorisch. Dasselbe gilt für das Studium der Geschichte Altisraels einschließlich des Diasporajudentums.
Eine Einführung in die aramäische Sprache erfolgt am besten über das Bibelaramäische und/oder über die jüdisch-aramäischen Texte aus Ägypten (wie Elephantine) und Palästina (Totes Meer) und/oder über die aramäische Sprache der Targumim und /oder über das Altsyrische (dazu siehe unten zu Schwerpunkt III).
Das rabbinische Hebräisch
Gemeint ist das Hebräisch der tannaitischen (bis ca. 200 n.d.Z.) und der amoräischen Zeit (bis ca. 600 n.d.Z.) = mischnisch1 und mischnisch2. Thematisch beinhaltet das auch das vor- oder proto-mischnische Hebr. in literarischen und nicht literarischen Texten, die Tradierung des Mischnischen (Dialekte?), der Einfluss des Griechischen und Aramäischen und die Einführung in die hebr. Epigraphik (Inschriften, Handschriften, Codizes, Genizot ua.). Das Studium der hebr. Sprachwissenschaft dieser Periode ist obligatorisch vor allem für das Studium der rabbinischen Literatur und des Talmuds.
Darüber hinaus benötigt der Student eine gediegene Kenntnis des palästinischen (=west-) und des babylonischen Aramäisch der Talmudim (=ostaram.). Findet in diese aramäischen Sprachen keine Einführung statt, kann anstelle dessen auch eine Einführung in die verwandten aramäischen Nachbarsprachen dienen: Für das Ostaram. vor allem das Syro-Aram.= Altsyrisch oder das Mandäische (Altsyrisch wird augenblicklich im Institut für Semitistik jedes Sommersemester angeboten. Der Kursus erstreckt sich auf 2 Semester mit einer Abschlußklausur und einem obligatorischen Lektürekurs im 3. Semester.), oder auch das Neuostaramäische der Neuzeit der jakobitischen Christen des Tur-'Abdin (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik). Für das Westaramäische das Aramäisch der Handschriften vom Toten Meer (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik), aber auch das Neuwestaramäische der Christen in Ma'lula (im Lehrangebot des Instituts für Semitistik). Die Kurse über das Neuaramäische (Neuost- und Neuwestaramäisch) setzen allerdings die Kenntnis des Altsyrischen voraus.
Das Hebräisch des Mittelalters
Thematisch beinhaltet dies: Das epigraphische Hebräisch des MA in Europa und Asien (u.a. jüdische Grabinschriften), Probleme der Imitation des biblischen und des rabbinischen Hebr., der Einfluß des Judeo-Arabischen (Übersetzungsliteratur), die Sprache der hebräischen Poesie (Piyyutim), der Beginn der hebräischen Sprachwissenschaft (die arab.- hebr. Grammatiker). Diatopisch: Orient (einschließlich Karäer, Samaritaner), Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland (Aschkenasisch).
Obligatorisch für das Studium der jüdischen Geschichte und Philosophie und auch für die Bibelwissenschaft und das Talmudstudium.
Nach Absprache kann u.U. eine Einführung in das Judeo-Arabische am Institut für Semitistik gegeben werden, ansonsten ist eine Einführung in die arabische Schriftsprache der Gegenwart zu empfehlen.
Das Hebräisch der Neuzeit
Thematisch beinhaltet dies die Renaissance-Bestrebungen des Hebräischen im 19.Jh. in Europa, und vor allem in Israel. Linguistische (auch didaktische) Probleme des modernen Hebr., die Arbeit der Sprachakademie. Phänomene der hebräischen Grammatik im historischen Vergleich. Heutige hebr. Sprachtraditionen (Fortleben älterer Traditionen) in Europa und Asien.
Obligatorisch für das Studium der jüdischen Geschichte, der Philosophie und vor allem auch der Literatur und auch für die Bibelwissenschaft und das Talmudstudium.
Ein Sprachstudium in Israel sollte sich nicht allein auf das Erlernen des modernen Hebräisch beschränken, sondern sich auch dem palästinischen Arabisch widmen. Eine Einführung in das palästinische Arabisch kann nach Absprache auch im Institut für Semitistik gegeben werden.