Warum ist dir Brit Milah wichtig?
Warum ist dir Brit Milah wichtig?
Eine rituelle Beschneidung scheint nicht mehr in unsere Zeit zu passen. Es wirkt sehr archaisch und nimmt eine bleibende Veränderung am Körper eines Jungen vor. Aber doch hält eine große Mehrheit von jüdischen Eltern an dieser Praxis fest, denn es geht um Zugehörigkeit zu Tradition und zum jüdischen Volk, um das Eintreten in eine lange Reihe von Generationen und um die Weitergabe des Judentums an die nächste Generation.
Die Brit Milah („Bund der Beschneidung“) ist ein sehr altes und identitätsstiftendes Ritual. Es besteht aus drei Elementen: der Vorhautbeschneidung, dem Segen über den Eintritt des Kindes in den Bund zwischen Gott und Israel sowie der Namensgebung. Dieser Brauch und seine Bestandteile beruhen auf der Erzählung von der Beschneidung Abrahams in der Torah. Dort lautet das Gebot:
Lasst euch am Fleisch eurer Vorhaut beschneiden, dies soll das Zeichen des Bundes zwischen mir und euch sein. Im Alter von acht Tagen soll bei euch in allen Generationen alles, was männlich ist, beschnitten werden. (Gen 17,11-12).
In diesem Kapitel 1.Mose/Genesis 17 wird 13 Mal der Begriff Brit („Bund“) verwandt als Ausdruck der speziellen Beziehung zwischen Gott und Abrahams Nachkommen; die Beschneidung ist also das körperliche Merkmal der Zugehörigkeit zu diesem Bund.
Die Brit Milah findet am 8. Lebenstag eines Säuglings statt – sofern er gesund ist (ansonsten wird die Beschneidung bis zum gesundheitlich nächstmöglichen Zeitpunkt verschoben). Die Bedeutung des Torahgebots, die Beschneidung am 8. Tag vorzunehmen, ist so groß, dass diese Zeremonie auch am Schabbat und an Feiertagen, ja sogar am Jom Kippur, durchgeführt wird. Dafür kommt die Familie zu Hause oder in der Synagoge zusammen, ein Sandak (Pate) sitzt auf dem „Stuhl des Propheten Elias“, denn dieser Prophet gilt als beschützender Begleiter in Übergangs- und Gefahrensituationen. Die Mutter bringt das Baby zum Kvatter („Gevatter“) oder gleich direkt zum Sandak, der es auf einem Kissen auf seinem Schoß hält. Dann nimmt ein Mohel, professionell ausgebildeter Beschneider, die Milah vor, die aus drei Schritten besteht:
- Das äußere Vorhautblatt wird abgetrennt (Chituch),
- Das innere Vorhautblatt wird eingeschnitten und von der Glans gelöst (Periah),
- Das Blut wird vom Wundbereich entfernt (Mezizah).
Anschließend sagen der Vater und die Anwesenden Segenssprüche und es wird Kiddusch gemacht, also der Segen über ein Glas Wein gesagt. Dann erfolgt die Namensgebung:
„Unser Gott und Gott unserer Vorfahren, erhalte dieses Kind seinem Vater und seiner Mutter. Sein Name sei in Israel genannt: …. (Vorname), Sohn von …. (Vorname des Vaters bzw. der Eltern).“ Danach werden einige Bibelverse rezitiert und der „Bund der Beschneidung“, die Zugehörigkeit zum Judentum, mit dem Segensspruch bekräftigt: „So wie er in den Bund eingetreten ist, möge er auch zum Studium der Torah, zur Chuppah (Traubaldachin) und zu guten Werken heranwachsen“.
Und Mädchen? Bei ihnen gibt es keinerlei körperliche Markierung ihrer Zugehörigkeit. Traditionellerweise wird der Vater am Schabbat nach der Geburt in der Synagoge zur Torahlesung aufgerufen und verkündet dann den Namen seiner Tochter. Dabei wird ein Segen über das Kind und die Eltern gesprochen. In den letzten Jahrzehnten haben sich verschiedene neue Rituale etabliert, um auch Mädchen festlicher zu begrüßen, die Geburt einer Tochter zu feiern und dabei ihren Namen zu verkünden. Verschiedene Bezeichnungen sind für eine solche Zeremonie gebräuchlich, wie z.B. Simchat Bat („Freude über die Tochter“), Sewed haBat („Geschenk der Tochter“), Brit haBat („Eintritt der Tochter in den Bund“) oder Britah, als feminisierte Form von „Bundesschluss“. Während die Brit Milah der Jungen normalerweise am 8. Tag stattfindet, ist man hinsichtlich des Zeitpunkts der Namensgebung für Mädchen flexibler – es gibt dafür kein feststehendes Datum, aber im allgemeinen wird sie im ersten Lebensmonat begangen.
Jüdische Kinder haben häufig zwei Namen, einen „bürgerlichen“ und einen jüdischen. Der „bürgerliche“ Name entstammt der Umgebungskultur, steht in amtlichen Papieren und ist der Rufname in Familie, Schule, Arbeitsstelle und gesellschaftlichem Umfeld. Der jüdische Name hat Bedeutung in religiösen Zusammenhängen: In der Synagoge werden Menschen mit diesem Namen zur Torahlesung aufgerufen, der Name wird in jüdischen Dokumenten wie der Ketubbah (Hochzeitsvertrag) oder dem Get (Scheidebrief) genannt; auf dem Grabstein sind meist beide Namen vermerkt.