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Auslegung des Monats Tishri

Und er sprach: Nimm doch deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebhast, den Isaak…

Nimm doch [קח נא], ןst stets ein Ausdruck der Bitte. Er sprach zu ihm: „Ich bitte dich, bestehe mir diese Prüfung, damit man nicht sage, an den früheren war nichts Wirkliches“. Deinen Sohn: Da antwortete [Avraham]: „Ich habe zwei Söhne“. Er sprach: „ deinen einzigen“. Da sagte er: „Dieser ist der einzige seiner Mutter, und dieser ist der einzige seiner Mutter“. Er sprach: „den du liebst“, da antwortete er: „Ich liebe beide“. Da sprach er: „den Yitzchaq“. Und warum offenbarte [der Ewige] ihm dies nicht von Anfang an? Um ihn nicht plötzlich zu verwirren; sein Verstand hätte ihn verlassen und verwirrt werden können, und um ihm das Gebot teuer zu machen und ihm für jedes einzelne Wort [seinen] Lohn zu geben.

Rashi zu Gen 22:2

Der Lehrstuhl Bibel und Jüdische Bibelauslegung ist der einzige seiner Art in Deutschland, der sich in Lehre und Forschung mit Text, Überlieferung, exegetischer Rezeption und moderner Deutung der Hebräischen Bibel von der Antike bis in die Neuzeit beschäftigt. Dabei umfasst allein das Forschungsgebiet für die biblische Geschichte und Literatur einen historischen Rahmen von mehr als 1000 Jahren. Nimmt man noch die Quellen zur jüdischen Bibelauslegung in Mittelalter und Neuzeit sowie die Masora als Bindeglied zwischen dem (masoretischen) Bibeltext und seiner Auslegung hinzu, so umfasst dieses Fach idealtypisch mehr als 2500 Jahre, die in literarspezifischen Detailfragen ebenso wie in zunehmend fächerübergreifenden Fragestellungen und Forschungsansätzen überblickt sein wollen. Mit Ausnahme einiger Quellen zur jüdischen Bibelauslegung im 19. und 20. Jahrhundert sind alle entscheidenden Quellen auf Hebräisch und Aramäisch verfasst.

Am Heidelberger Lehrstuhl liegen die Schwerpunkte zum einen auf der masoretischen Bibeltext- und Manuskriptforschung (9.–13. Jahrhundert), zum anderem auf den Quellen zur jüdischen Bibelauslegung von der ersten Hälfte des 10. bis zur 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie auf dem 19. und 20. Jahrhundert.

Forschungsschwerpunkte

Erst die sog. Masora aus Eretz Israel, d.h. der masoretische Hypertext mit Vokalisation, Akzentsetzung und Beifügung verschiedener Annotationen lässt den antiken Konsonantentext (Qumran) zum mittelalterlichen masoretischen Text werden. Ziel der Forschungen am Lehrstuhl ist die erstmalige Aufarbeitung der westeuropäischen (ashkenasischen) Masora-Tradition zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert, die sich von der orientalischen Masora philologisch und in ihrem äußeren Erscheinungsbild als masora figurata unterscheidet. Dabei geht es auch um den Inkulturationsprozess der Masora und des Hebräischen Bibeltextes in die christliche Umwelt (Architektur; Buchkunst) hinein.

Am Heidelberger Lehrstuhl steht insbesondere die Auslegungstradition der mittelalterlichen nordfranzösischen Exegetenschule im Fokus, d.h. die exegetischen Kommentare von R. Shelomo Yitzchaqi (RaShY) und seiner Schule, R. Avraham Ibn Ezra, die Mitglieder der Familie Qimchi sowie R. Moshe ben Nachman (‘RaMBaN = Nachmanides’). Daneben werden die überlieferten hebräisch-französischen Bibelglossare v.a. aus dem 13. Jahrhundert bearbeitet. Diese Bibelglossare, die die Vernakularglossen in hebräischer Graphie abbilden, sind exzeptionelle Zeugen nicht nur für die exegetische und kulturgeschichtliche judaistische Forschung, sondern auch für die morphologische, phonologische und lexikalische Erforschung des Altfranzösischen zwisachen dem 11. und 13. Jahrhundert. Sie bilden darin Grundlagentexte für die Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen der jüdischen Geistesgeschichte und der nicht-jüdischen Umwelt.

Die Bibelauslegung der Vertreter der sog. Wissenschaft des Judentums in Deutschland und Osteuropa wird vor allem hinsichtlich ihres Einflusses auf das moderne Judentum und sein Verständnis von Religion und Kultur hin erforscht.

Lehrveranstaltungen

Die Lehrveranstaltungen werden regelmäßig an die Forschungsschwerpunkte zurückgebunden.

Dabei wird die ganze Bandbreite des Faches – von den biblischen Überlieferungen bis in die neueste Auslegungsliteratur – abgedeckt und in den Bachelor- und Masterstudiengängen im Unterricht behandelt.

In Zusammenarbeit mit dem Abraham Berliner Center werden regelmäßig workshops und Vorträge mit internationalen Gastwissenschaftlern durchgeführt.

Lehre

Wintersemester 2024/25

  •  Proseminar / Übung: Steine des Anstoßes: Wenn Bibeltexte Probleme bereiten …   

Leitung: Prof. Dr. Hanna Liss

Mittwoch, 9.15–10.45 Uhr, S 3

  • Seminar / Übung: Die Psalmen und ihre Auslegung

Leitung: Prof. Dr. Hanna Liss

Mittwoch, 11.15–12.45 Uhr, S 3

  • Oberseminar / Übung: Bibelauslegung in Ashkenas: Rezente Forschung und Forschungsperspektiven

Leitung: Prof. Dr. Hanna Liss

Donnerstag, 9.15–10.45 Uhr, S 3

  • Übung: Megillat Ester

Dozent: Yona-Dvir Shalem M.A.

Donnerstag, 14.15–15.45 Uhr (Beginn 31.10.), Bet Midrasch (N2.05)


Forschungsprojekte im Überblick

Masorah Rearranged: Eight Masoretic Lists in MS London Oriental 2091, fol. 335vcorpus masoreticum working papers 6 (2023).

Corpus Masoreticum

Berlin_SPK_Fragment_zum_Hohelied_Public_Domain_1.0

Biblia Rabbinica


Veranstaltungen

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Vergangene Veranstaltungen

Nicht nur auf Hebräisch - Wie das jüdische Mittelalter die Bibel las

Bibel und Jüdische Bibelauslegung

Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Nicht nur auf Hebräisch - Wie das jüdische Mittelalter die Bibel las

Prof. Dr. Hanna Liss & Dr. Stephen Dörr

Dass Juden und Jüdinnen nicht immer Hebräisch sprachen, ist vielen Menschen heute gar nicht mehr bewusst. Der Vortrag nimmt Sie mit ins mittelalterliche Frankreich (v. a. Champagne, Lothringen, Normandie, Franche-Comté), wo das Altfranzösische, die langue d’oïl, auch für die Juden und Jüdinnen Muttersprache war, in der sie auch ihre heiligen Schriften glossierten und erklärten. Das Besondere daran ist, dass sie das Französische mit hebräischen Buchstaben schrieben und ihre Bibelauslegungen deutliche Einflüsse der zeitgenössischen französischen Literatur zeigen. Der Vortrag stellt das französische Judentum des Mittelalters vor, wo das Hohelied durchaus als Pendant zu den chansons des femmes verstanden werden konnte. Außerdem sieht man, dass es nicht wenige französische Wörter gibt, die uns nur über die jüdischen Texte zugänglich sind.

Weitere Informationen

Veranstaltung Liss Dörr
  • Datum: 17. Juli 2024
    Datum 17. Juli 2024
  • Uhrzeit: 
		18:15
		-
		19:00
		UTC+02:00
    Uhrzeit 18:15 - 19:00 UTC+02:00
  • Teilnahme: Präsenz
    Teilnahme Präsenz
  • Sprache: Deutsch
    Sprache Deutsch
  • Ansprechperson:
    Ansprechperson
  • Ort / Link: Heidelberger Akademie der Wissenschaften
    Ort / Link Heidelberger Akademie der Wissenschaften
  • Anmeldung erforderlich? Ohne Anmeldung

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