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Bibel und Jüdische Bibelauslegung

"Gedenke, was dir Amaleq antat …"

Ich habe bereits den Midrasch erwähnt … „Man könnte denken, [dass es] ‚in deinem Herzen‘ [bedeutet]. Aber wenn es in der Schrift heißt: ‚Du sollst nicht vergessen‘, dann ist [damit schon] das Vergessen mit dem Herzen zum Ausdruck gebracht. Was meint [dann] ‘Gedenke!’? Dass es durch gesprochenes Memorieren [geschehe].“ … Aber ich weiß nicht, was dieses gesprochene Erinnern [besagen soll] (...) Die richtige [Auslegung] scheint mir zu sein, dass der Vers besagt, dass du nicht vergessen sollst, was Amaleq uns angetan hat, bis wir sein Andenken unter dem Himmel auslöschen, und dass wir es unseren Kindern und unseren Generationen erzählen sollen, indem wir zu ihnen sagen: „Solches hat uns der Böse angetan, und deshalb wurde uns befohlen, seinen Namen auszulöschen.“ In ähnlicher Weise wurde uns in der Angelegenheit von Miryam befohlen, es unseren Kindern bekannt zu machen, und es den Generationen zu erzählen (...).

Moshe ben Nachman / Ramban (1194–1270) zu Deut 25:17

Der Lehrstuhl Bibel und Jüdische Bibelauslegung ist der einzige seiner Art in Deutschland, der sich in Lehre und Forschung mit Text, Überlieferung, exegetischer Rezeption und moderner Deutung der Hebräischen Bibel von der Antike bis in die Neuzeit beschäftigt. Dabei umfasst allein das Forschungsgebiet für die biblische Geschichte und Literatur einen historischen Rahmen von mehr als 1000 Jahren. Nimmt man noch die Quellen zur jüdischen Bibelauslegung in Mittelalter und Neuzeit sowie die Masora als Bindeglied zwischen dem (masoretischen) Bibeltext und seiner Auslegung hinzu, so umfasst dieses Fach idealtypisch mehr als 2500 Jahre, die in literarspezifischen Detailfragen ebenso wie in zunehmend fächerübergreifenden Fragestellungen und Forschungsansätzen überblickt sein wollen. Mit Ausnahme einiger Quellen zur jüdischen Bibelauslegung im 19. und 20. Jahrhundert sind alle entscheidenden Quellen auf Hebräisch und Aramäisch verfasst.

Am Heidelberger Lehrstuhl liegen die Schwerpunkte zum einen auf der masoretischen Bibeltext- und Manuskriptforschung (9.–13. Jahrhundert), zum anderem auf den Quellen zur jüdischen Bibelauslegung von der ersten Hälfte des 10. bis zur 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie auf dem 19. und 20. Jahrhundert.

Bücher: Tanach, Liss

Forschungsschwerpunkte

Erst die sog. Masora aus Eretz Israel, d.h. der masoretische Hypertext mit Vokalisation, Akzentsetzung und Beifügung verschiedener Annotationen lässt den antiken Konsonantentext (Qumran) zum mittelalterlichen masoretischen Text werden. Ziel der Forschungen am Lehrstuhl ist die erstmalige Aufarbeitung der westeuropäischen (ashkenasischen) Masora-Tradition zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert, die sich von der orientalischen Masora philologisch und in ihrem äußeren Erscheinungsbild als masora figurata unterscheidet. Dabei geht es auch um den Inkulturationsprozess der Masora und des Hebräischen Bibeltextes in die christliche Umwelt (Architektur; Buchkunst) hinein.

Am Heidelberger Lehrstuhl steht insbesondere die Auslegungstradition der mittelalterlichen nordfranzösischen Exegetenschule im Fokus, d.h. die exegetischen Kommentare von R. Shelomo Yitzchaqi (RaShY) und seiner Schule, R. Avraham Ibn Ezra, die Mitglieder der Familie Qimchi sowie R. Moshe ben Nachman (‘RaMBaN = Nachmanides’). Daneben werden die überlieferten hebräisch-französischen Bibelglossare v.a. aus dem 13. Jahrhundert bearbeitet. Diese Bibelglossare, die die Vernakularglossen in hebräischer Graphie abbilden, sind exzeptionelle Zeugen nicht nur für die exegetische und kulturgeschichtliche judaistische Forschung, sondern auch für die morphologische, phonologische und lexikalische Erforschung des Altfranzösischen zwisachen dem 11. und 13. Jahrhundert. Sie bilden darin Grundlagentexte für die Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen der jüdischen Geistesgeschichte und der nicht-jüdischen Umwelt.

Die Bibelauslegung der Vertreter der sog. Wissenschaft des Judentums in Deutschland und Osteuropa wird vor allem hinsichtlich ihres Einflusses auf das moderne Judentum und sein Verständnis von Religion und Kultur hin erforscht.

Lehrveranstaltungen

Die Lehrveranstaltungen werden regelmäßig an die Forschungsschwerpunkte zurückgebunden.

Dabei wird die ganze Bandbreite des Faches – von den biblischen Überlieferungen bis in die neueste Auslegungsliteratur – abgedeckt und in den Bachelor- und Masterstudiengängen im Unterricht behandelt.

In Zusammenarbeit mit dem Abraham Berliner Center werden regelmäßig workshops und Vorträge mit internationalen Gastwissenschaftlern durchgeführt.

Lehre

Sommersemester 2025

  •  Grundkurs Mechina: Einführung in die Hebräische Bibel 

Leitung: Prof. Dr. Hanna Liss

Mittwoch, 9.15–10.45 Uhr, S 3

  • Oberseminar / Übung: Verstehen? Verfremden? Erweitern? Biblische Texte und Motive in der neueren deutschsprachigen Literatur

Dozent*in: Prof. Dr. Andrea Albrecht / Prof. Dr. Hanna Liss

Mittwoch, 11.15–12.45 Uhr, S 4

  • Forschungs-Kolloquium Bibel und Jüdische Bibelauslegung

Leitung: Prof. Dr. Hanna Liss

Donnerstag, 9.15–10.45 Uhr, S 3

Anmeldung: Wer neben den Doktorand/innen und Magistrand/innen des Lehrstuhls teilnehmen möchte, ist gebeten, sich persönlich anzumelden: hanna.liss@hfjs.eu.

  • Proseminar / Übung: Verrat, Untreue, Betrug: Spurensuche eines Konzepts

Dozent: David Bindrim PhD & Yona-Dvir Shalem M.A.

Dienstag, 11.15–12.45 Uhr (Beginn am 22.04.), Bet Midrasch


Forschungsprojekte im Überblick

Masorah Rearranged: Eight Masoretic Lists in MS London Oriental 2091, fol. 335vcorpus masoreticum working papers 6 (2023).

Corpus Masoreticum

Paris Arsenal 5956
Berlin_SPK_Fragment_zum_Hohelied_Public_Domain_1.0

Biblia Rabbinica


Veranstaltungen

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Vergangene Veranstaltungen

BibelglossarePräsenzDeutsch
19. Dezember 2024 18:00 - 21:00 UTC+01:00

Was sich bereits im Mai abzeichnete, wird nun offiziell begonnen

Bibel und Jüdische BibelauslegungPräsenzDeutsch
28. November 2024 18:00 - 19:30 UTC+01:00

Buchvorstellung mit Herausgeber Prof. em. Dr. Joseph Sievers

Bibel und Jüdische BibelauslegungPräsenzDeutsch
17. Juli 2024 18:15 - 19:00 UTC+02:00

Prof. Dr. Hanna Liss & Dr. Stephen Dörr

BibelglossarePräsenzDeutsch / Englisch
4. Juni 2024 10:00 - 17:00 UTC+02:00

Organisation: Alessandra Arcidiacono, Stephen Dörr (Akademieprojekt: Bibelglossare als verborgene Kulturträger)

Corpus MasoreticumPräsenzEnglisch
15. Februar 2024 17:00 - 19:00 UTC+01:00

Dr. Nehemia Gordon

Corpus MasoreticumHybridDeutsch
31. Januar 2024 18:00 - 20:00 UTC+01:00

Dr. Gerold Bönnen (Leiter des Stadtarchivs Worms & des Jüdischen Museums Worms, Dr. h.c. Universität Heidelberg)

Corpus MasoreticumHybridEnglisch
17. Januar 2024 18:00 - 20:00 UTC+01:00

Assoc. Prof. Javier del Barco (Universität Complutense Madrid)


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