Volles Haus herrschte am 5.12. in der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg: Zur offiziellen Verabschiedung und Einführung des alten und des neuen Rektors durch den Zentralrat der Juden in Deutschland hatten sich hochrangige Gäste aus den Gemeinden, Wissenschaft, Stadt und Kultur angemeldet. Vor dem fast hundertköpfigem Publikum erinnerte der Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster an die vielen Alleinstellungsmerkmale der Hochschule und deren Wichtigkeit für das deutsche Universitätssystem bevor er auf die Ehrengäste der Veranstaltung zu sprechen kam. Prof. Dr. Werner Arnold leitete die Hochschule in schweren Zeiten: Die Jahre waren anfangs geprägt von der Pandemie, dann kam der 7. Oktober. Neben Fingerspitzengefühl für die Studierenden und Angestellten, bewies Arnold Durchhaltevermögen und machte immer wieder auch allen Menschen in seinem Umfeld Mut zum Weitermachen. Ursprünglich für zwei Jahre gewählt, verließ Prof. Dr. Werner Arnold die Hochschule nun nach insgesamt vier Jahren. Er ging in einer für die Hochschule wie auch für andere jüdische Einrichtungen in Deutschland sehr schweren Zeit.
Anders als Prof. Arnold, lehrte sein Nachfolger Dr. Andreas Brämer nicht zuvor an der Uni Heidelberg, wohl aber arbeitete er an der Hochschule, wo er sozusagen den American Dream träumte: vom Tellerwäscher in der Mensa zum Millionär / Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Dazwischen und wohl auch ausschlaggebend, war er als letztes als stellvertretender Direktor des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ) in Hamburg tätig. Von einem Semitisten geht die Position über an einen Judaisten und Historiker.
In ihren Grußworten betonte Stefanie Jansen, Heidelbergs Bürgermeisterin für Soziales, Bildung, Familie und Chancengleichheit, die den Oberbürgermeister vertrat, die starken Bindungen zwischen der Stadt und der Hochschule. Sie sei nicht nur Lern- und Forschungsort zu Jahrtausenden zurückreichenden jüdischen Traditionen und Kulturen oder zu jüdischem Leben der Gegenwart. Sie sende auch wichtige Impulse in die Heidelberger Stadtgesellschaft.
Neben dem musikalischen Auftakt durch Noga Sivan (Geige), Preisträgerin des Karl-Adler-Jugendmusikwettbewerbs und Prof. Dr. Noam Sivan (Piano), Professor für Klavierimprovisation an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, waren es Prof. Steve Fassberg von der Hebrew University in Jerusalem und Prof. Arnold selbst, die das Publikum unterhielten. Fassberg, dessen Schwiegervater Abraham Wasserstein, in den 80er Jahren Interimsrektor der Hochschule war, erläuterte in seiner Festrede die Schriftrollenfunde in Qumran:
„Die Erforschung der Schriftrollen vom Toten Meer revolutionierte mehrere Bereiche im Zusammenhang mit der Zeit des Zweiten Tempels: die Archäologie, die hebräische Bibel, die intertestamentarische Literatur, das Neue Testament, das frühe Judentum und das frühe Christentum sowie deren Geschichte, Theologie und Liturgie. Sie hat auch das Feld der Sprachstudien verändert: Unser heutiges Verständnis des Hebräischen und Aramäischen der Zeit des Zweiten Tempels unterscheidet sich radikal von dem, was vor 1947 bekannt war.“
Während Prof. Arnold in seinem Vortrag gleich zu Beginn konstatierte, dass es ganz natürlich sei, dass Sprachen und Dialekte kämen und gingen, konnte dem Publikum seine persönliche Betroffenheit ob der Auslöschung der letzten arabischsprechenden jüdischen Gemeinde im türkischen Antakya aufgrund eines Erdbebens nicht entgehen. Jahre zuvor war bereits der arabische Klang der jüdischen Gemeinde aus den Straßen und Gassen Iskenderuns verschwunden. Schnellen Schrittes und mit einem hörbaren Kloß im Hals verschwand auch Professor Arnold von der Bühne.
Verabschiedet und eingeführt wurden die beiden Rektoren von Professor Barbara Traub, Vorsitzende des Kuratoriums, Mitglied im Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Als langjährige Unterstützerin betonte sie das Engagement Arnolds und zugleich die Freude über Brämers Einstieg.
Mit Geschenken an den scheidenden Rektor Arnold von Seiten des Freundeskreises, überreicht durch dessen Vorsitzenden Prof. Dr. Michael Schmitt, und des Professoriums, vertreten durch Vizerektor Prof. Dr. Viktor Golinets, sowie Worten des Dankes an den Zentralrat, die Angehörigen der Hochschule und das anwesende Publikum von Dr. Brämer, machten sich alle auf in den Gewölbekeller: Hier wartete die Mensaleiterin Beate Metwaly bereits mit ihrem Team, um den Abend mit einem wunderbaren koscheren Büfett abzurunden und für alle ausklingen zu lassen.